Montag, 13. August 2012

Zwei Tage auf dem Höhenflug und Rothaarsteig

Über den Höhenflug nach Winterberg, dort übernachten, dann den Rothaarsteig nach Süden bis die Uhr sagt: Ab nach Hause.










So sah der Plan aus, als ich von zu Hause aufbrach. Beide Wanderwege sollten eigentlich ganz gut ausgeschildert und somit ohne technische Hilfsmittel zu finden sein. Dennoch hatte ich mir für den Notfall von beiden Wegen einen GPS-Track aufs Handy geladen.

Eingedeckt mit reichlich Wegzehrung ging es am frühen Morgen mit durchwachsener Wettervorhersage los.

In Meinerzhagen finde ich den Startpunkt sofort und ohne Probleme. Los geht’s. Doch oh Schreck, ich bin keine 5 Minuten unterwegs, schon habe ich mich verfahren. Zurück zum letzten bekannten Wegzeichen. Erst bei genauerem Hinsehen entdecke ich hier den weißen Richtungspfeil im hellgelben Logo…

Wer hat eigentlich die Farbe für die Wegzeichen gewählt? Na ja, mit dem neu gewonnen Wissen geht es dann doch ohne weitere größere Wegfindungsprobleme Richtung Osten.

Leider habe ich jedoch beim wiedereinstecken des Handys vergessen die GPS-Funktion zu deaktivieren. Mein neues GPS-Programm saugt und nuckelt also fröhlich am Akku. Dies bemerke ich erst beim ersten größeren Zwischenstopp. Mittagspause in „Faule Butter“.


Schreck 1:
Akkuleistung: Noch 18%..... Also Handy ganz ausgeschaltet. Stromsparen. Nur noch „im Notfall“ zum telefonieren oder navigieren benutzen.
Schreck 2:
Der Reisverschluss meiner billigen neuen Aldi-Satteltasche hat sich von alleine geöffnet. Der Ersatzschlauch ist noch da, der Rest fehlt. Topeak Multiwerkzeug, Nippelspanner, Schlauchheber und 20 Euro (Notgeld) sind futsch… Somit ist es plötzlich keine so billige Tasche mehr…

Nachdem ich den Ärger und die Waffel verdaut habe geht es wieder auf den Höhenflug. Die Strecke ist unwahrscheinlich schön gewählt worden. Teils sehr einsam, viele kleine Trails aber auch reichlich Höhenmeter.
Es geht vorbei an Herscheid, Attendorn, Finnentrop über die Homert nach Eslohe. Ich merke jedoch, dass ich weit im Zeitplan zurückliege. Die Gründe sind vielfältig.
  • langsam fahren an jeder Abzweigung wg. der schlecht erkennbaren Richtungspfeile.
  • reichlich Höhenmeter
  • teils zugewucherte, ausgespülte und verblockte Wege
  • aber auch schwere Beine
Noch möchte ich aber vom geplanten Ziel „Winterberg“ nicht ablassen. Plan B bleibt noch in der Schublade.

Ob die noch was vom gestrigen Grillen übrig haben?
Nun kommt ein weiteres Problem hinzu. Trinkwasser. Beide Flaschen sind schon eine Weile leer. Kein Ort (ohne größeren, zeitaufwendigen Umweg) in Sicht… Eine Quelle an einer Kapelle im Wald kurz vor Bad Fredeburg dient als Rettung. Hoffentlich gibt das keine Magenfaxen.

Irgendwann auf dem, der, das, was auch immer "Hunau" wird es langsam dunkel. Ich habe kein Licht dabei. Fahren nach Sonnenuntergang sah der Zeitplan nicht vor. Eine Wanderhütte kurz vor dem Hunau-Turm bietet sich als Übernachtungsgelegenheit an. Doch ich habe weder warme Kleidung, noch einen Schlafsack dabei. Außerdem kann Winterberg nicht mehr weit sein. So geht es weiter schnur gerade über einen Waldweg in Richtung Kahler Asten.

In Alt Astenberg frage ich nach dem Weg. Jetzt muss es wirklich schnell gehen. Ein Einheimischer schickt mich auf eine Schotterpiste welche direkt nach Winterberg führen soll. Stimmt, ruck zuck bin ich am Eiskanal. Runter ins Dorf und nach der Jugendherberge fragen.

Die Leute schauen mich im Dunkeln langsam vorwurfsvoll an so ganz ohne Licht am Rad… Niemand weiß so recht wo die Jugendherberge sein soll. Also Handy raus, einschalten, Adresse eintippen und … Mist zurück. Wieder rauf zur Bobbahn. Hier war ich vor 30 Minuten doch schon…

Nun heißt es Augen zu und durch. Eine unbeleuchtete Landstraße, kein Radweg und Finsternis. Doch es geht gut. Ich begegne nur zwei entgegenkommenden Autos bis ich auf der rechten Seite endlich die Jugendherberge sehe.

Es ist kurz vor 22:00 Uhr. Die Repezption verweist und die Olympia-TV-Gucker im Foyer schauen mich an als wenn ich sie nicht mehr alle hätte. Doch ich habe Glück. Per Haustelefon lässt sich der Herbergsvater anrufen und ist völlig entspannt trotz der Uhrzeit. Einchecken, Klo, Dusche, Bett… 150 km und knappe 4000 hm fordern ihren Tribut.

Am nächsten Tag stelle ich doch glatt fest, dass der Rothaarsteig direkt hinter der Jugendherberge entlangführt. War der Höhenflug doch sehr einsam, sieht man dem Rothaarteig sofort an das er bekannter ist. Mehr Gaststätten, mehr Leute auf dem Weg unterwegs. Der Abschnitt in Richtung Südwesten ist recht entspannt. Ich bin ja schon „oben“ und so geht es bis auf wenige knackige Anstiege tendenziell ehr bergab. Es ist „flowig“. Die Beine sind heute gut und die Sonne kommt heraus.

Es geht vorbei an Langewiese, Schmallenberg, Rhein-Weser-Turm bis nach Hilchenbach. Hier verlasse ich den Rothaarsteig. Eigentlich wäre noch etwas Zeit um weiterzufahren, doch die Blindfahrt von Gestern hat mich vorsichtiger gemacht. Da ich auch noch nicht genau weiß wie ich nach Hause komme entschließe ich mich auf Nummer sicher zu gehen.

Ab hier heißt es Richtung Nordwest bis ich etwas Bekanntes sehe… Eigentlich sollte hier mein Handynavi helfen, doch dessen Akku zeigt nur noch 4% an… Aber das Glück hilft mir auch hier mit einem Zufall weiter. In Hilchenbach entdecke ich ein Wegzeichen „X3“. Hey den kenne ich doch! Das ist der Talsperrenwanderweg des Sauerländischen Gebirgsvereins! Und das Beste daran: Der führt unter anderem durch Marienheide. Das ist bei mir zu Hause gleich um die Ecke! Also folge ich seiner Spur auch wenn es wieder heftig bergauf und bergab geht. Über Krombach und Biggesee geht es auf den Knollen bei Gummersbach-Hackenberg. Nun bin ich so gut wie zu Hause. Es geht im Prinzip die Hausrunde meines Vereins (BikeAttackOberberg), das so genannte „Türme Stürmen“, rückwärts bis nach Hause.

Dort zeigt der Tacho 297 km und 6775 hm an. Ich bin platt, doch fühle mich noch nicht am Ende.

Erkenntnis:
- Die Runde muss ich irgendwann noch einmal drehen. Schließlich konnte ich wegen des Handyakkus keine Fotos machen…
- Ich würde gerne noch ein 24h Rennen dieses Jahr bestreiten. Hat jemand einen Tipp?